Interview zur Frauenwoche (Internationaler Frauentag)

Frauenpower aufgepasst! Unter dem Motto #Beempowered: Frauen im Rettungsdienst haben wir mit Pauline (Notfallsanitäterin) gesprochen.

OV Bochum

Frauenpower aufgepasst! Unter dem Motto #Beempowered: Frauen im Rettungsdienst starten wir den Auftakt passend zum heutigen Internationalen Frauentag!

Passend dazu haben wir mit Pauline gesprochen. Sie ist seit 5 Jahren beim ASB in Bochum und direkt nach der Schule zu uns gekommen, um Rettungssanitäterin zu werden. Innerhalb dieser Zeit hat Sie außerdem eine Ausbildung zur Notfallsanitäterin angefangen und diese mit Bravour im Jahr 2022 bestanden. Pauline hat uns in einem Interview erzählt, warum sie so gerne diesen Job ausführt, was ihre Motivationen sind und warum sie Frauen stärken möchte sich ebenfalls zu trauen und eine Karriere im Rettungsdienst einschlagen sollten. Sie hat mit uns über Chancen sowie Herausforderungen gesprochen und möchte Frauen Mut machen: „…sich einfach zu trauen!“.

 

Kannst du dich bitte kurz vorstellen und uns etwas über deinen Werdegang und deine Erfahrungen als Notfallsanitäterin erzählen?

„Hi! Ich bin Pauline Fendler, 23 Jahre alt und seit ungefähr… ja jetzt schon 5 Jahren im Rettungsdienst. Ich habe 2017 nach der Schule direkt eine Ausbildung als Rettungssanitäterin begonnen und habe mein Praktikum dann beim ASB Bochum absolviert und seitdem bin ich hier beschäftigt. Dort war ich dann ein Jahr bereits auf dem Krankenwagen und danach als Rettungssanitäterin auch auf dem Rettungswagen. Danach hatte ich das große Glück, einen Platz für die Berufsausbildung als Notfallsanitäterin zu erhalten! Diese habe ich dann erfolgreich im Dezember 2022 abgeschlossen und bin seitdem weiterhin beim ASB in Bochum eingesetzt. Meine Erfahrungen dabei sind erst mal… nichts ist so wie man in der Praxis kennengelernt hat, die Realität ist dann doch etwas anders (lacht).

Es ist nicht so, dass ich zu einer Patientin fahre und dann nach einem gelernten Fragekatalog alles abarbeiten kann und danach ein Krankheitsbild feststellen kann, welches man vorab in der Theorie gelernt hat. Viel mehr ist es ein Zusammenspiel aus verschiedenen Erkrankungen und der individuellen Situation. Deshalb ist jeder Einsatz immer anders! Für mich ist immer wichtig, dass, wenn ich vor Ort bin, ich mir immer direkt einen Überblick verschaffen kann und dann individuell eine Struktur festlege, wie das nächste Vorgehen ist.“

 

Wie kamst du zur Arbeit als Notfallsanitäterin und was hat dich dazu motiviert, diesen Beruf auszuüben?

„Ich wollte bereits nach der Schule im Gesundheitssystem tätig werden… das war für mich direkt klar! Ich habe mich dann direkt informiert, welche Ausbildungen es gibt. Meine Motivation ist das Gefühl, anderen Menschen zu helfen. Es gibt mir das Gefühl, etwas Sinnvolles zu tun. Auch ist jeder Tag anders und individuell, ich weiß nie, welche neuen Herausforderungen oder Erfahrungen mir an dem Tag begegnen und deshalb wird es auch nie langweilig. Ich gehe morgens gerne zur Arbeit und schätze auch, dass ich bereits so viel Verantwortung übernehmen darf. Auch die Teamarbeit, da wir ja immer zu zweit auf den Autos sitzen, finde ich super und so kann das Arbeiten auch total Spaß machen.“

 

Wie ist die allgemeine Wahrnehmung von Frauen im Rettungsdienst deiner Meinung nach? Gibt es Vorurteile oder Schwierigkeiten, mit denen du konfrontiert wurdest?

„Ich habe beim ASB Bochum noch nie das Gefühl gehabt oder erlebt, dass mein Geschlecht in irgendeiner Art und Weise eine Rolle spielen würde. An unserer Wache sind total viele Frauen und ich habe auch das Gefühl, dass wir gleich viele Frauen und Männer bei uns haben.

Nur in der Öffentlichkeit habe ich das Gefühl, dass es als etwas Besonderes angesehen wird, wenn man als Frau aus dem Auto steigt und zum Patienten kommt. Gerade Männer aus älteren Generationen haben teilweise Vorurteile gegenüber Frauen. Sie trauen uns nicht zu, sie Treppen herunter zu tragen oder den RTW zu fahren. Viele Patienten, darunter auch Frauen, entschuldigen sich sogar dafür, sie tragen zu müssen, weil es auch so schwer sei. Dazu sage ich dann oft, dass ich mir den Beruf ausgesucht habe und es nicht schlimm finde. Letztendlich habe ich es noch nie erlebt, dass jemand unsere Hilfe aufgrund dessen, dass ich eine Frau bin, verweigert hat.“

 

Wie hat dein Geschlecht Einfluss auf deine Arbeit im Rettungsdienst und welche Herausforderungen hast du als Frau in diesem Beruf gemeistert?

„Ich habe überhaupt nicht das Gefühl, dass mein Geschlecht einen Einfluss auf meine Arbeit im Rettungsdienst hat. Ich bin sogar ganz im Gegenteil davon überzeugt, dass wir Frauen den Job mindestens genauso gut machen wie Männer. Aber ich hoffe und würde mich freuen, wenn ich ein Stück weit ein Vorbild für andere Mädchen oder Frauen sein kann, die sich bisher nicht getraut haben, diesen Weg einzuschlagen.“

 

Inwiefern unterscheidet sich die Arbeitsumgebung im Rettungsdienst für Frauen im Vergleich zu Männern?

„Der Beruf der Notfallsanitäter:innen ist an sich ein sehr körperlicher und vor allem durchaus auch sehr anstrengender Beruf. Das kann man nicht anders sagen. Und als Frau ist man von Natur aus eher nicht so kräftig und stark wie Männer. Das ist einfach so. Ich sage auch ganz ehrlich, früher hätte ich den Beruf auch nicht ausüben können. Als man noch jeden Patienten mit einer Trage herunter oder ins Krankenhaus tragen musste, da es noch keine Rolle unter den Tragen gab. Aber mittlerweile haben wir einen Stuhl, der Treppen herunterrollen kann, oder elektrische Tragen, die nicht manuell hoch und runtergefahren werden müssen. Deshalb ist es inzwischen gar kein Hindernis oder Problem mehr. Aber natürlich sollte man genauso wie die männlichen Kollegen Sport treiben und sich fit halten und vor allem auch Kraft und Ausdauer trainieren. Also immer am Ball bleiben, auch der eigenen Gesundheit zuliebe.“

 

Wie denkst du, kann die Repräsentation von Frauen im Rettungsdienst verbessert werden? Welche Schritte müssen unternommen werden, um mehr Frauen für diesen Beruf zu gewinnen?

„Mir ist wichtig zu sagen, um den Frauen die Angst nehmen zu können, dass ich in den 5 Jahren, in denen ich in diesem Bereich tätig bin, nie das Gefühl hatte, dass ich aufgrund meines Geschlechts anders behandelt oder Probleme habe diesen Beruf auszuüben. Ich glaube aber, dass es für viele noch ein Hindernis ist, was im Weg steht. Weil in vielen Köpfen noch verankert ist, dass es ein sogenannter Männerberuf ist, was es früher auch gewesen ist. Klar, der Beruf war Männer dominiert. Einfach aufgrund, wie ich denke, der körperlichen Voraussetzungen. Aber heutzutage ist es überhaupt kein Problem mehr.

Aber grundsätzlich geht der Rettungsdienst in öffentlichen Debatten oder im allgemeinen Bewusstsein oft unter oder ist gar nicht erst vorhanden. Und das muss sich auch grundlegend ändern. Dass überhaupt vermehrt der Rettungsdienst auf die Bildfläche kommt und auch über den Rettungsdienst gesprochen wird, wenn über Berufe im Gesundheitswesen spricht. Aber ansonsten sollte man vermehrt darüber aufklären, was auch schon stattfindet, was wir für eine Arbeit machen, um in das öffentliche Bewusstsein zu gelangen.

Ich finde, dass jede weitere Frau, die sich entscheidet, im Rettungsdienst zu arbeiten, ein Schritt in die richtige Richtung ist. Und vor allem den andern zu zeigen, dass es kein Männer-Beruf ist, wie viele denken. Beziehungsweise gibt es gar keine Männer-Berufe, sondern ehemalige männerdominierte Berufsfelder.“

 

Wie siehst du die Zukunft für Frauen im Rettungsdienst?

„Ich sehe, dass immer mehr Frauen sich für diesen Beruf entscheiden und habe immer mehr Kolleginnen. Ich denke und hoffe, dass es in den nächsten Jahren keine großartigen Unterschiede mehr geben wird. Auch gibt es immer mehr Hilfsmittel, die auch die körperliche Belastung reduzieren.“

 

Gibt es spezielle Fähigkeiten oder Stärken, die Frauen im Rettungsdienst mitbringen und die dazu beitragen können, dass sie in diesem Beruf erfolgreich sind?

„Ich glaube, dass es ganz egal ist, ob ich eine Frau oder ein Mann bin. Ich finde, es ist eher eine Frage der sozialen und persönlichen Kompetenz. Es geht mehr darum, wie empathisch, geduldig, teamfähig, reflektiert, verantwortungsbewusst usw. jemand ist. Wobei man sich auch keine Sorgen machen muss, wenn man diese Eigenschaften nicht von vorneherein mitbringt. Außerdem ist es auch Ziel der Ausbildung zum Notfallsanitäter:in diese Kompetenzen weiter zu entwickeln oder zu erlernen. Es ist immer wichtig, sich auch im Berufsalltag weiter zu entwickeln und offen für Neues zu bleiben.“

 

Wie gehst du mit herausfordernden Situationen oder Patienten um, insbesondere wenn du als Frau im Rettungsdienst vielleicht Vorurteilen oder sexueller Belästigung ausgesetzt bist?

„Jeder Einsatz ist eine neue Herausforderung, weil jeder Einsatz anders ist. Aber im Team bekommt man die meisten Situationen sehr gut gemeistert. Aber man sollte sich auch nicht scheuen, Hilfe nachzufordern. Sei es ein Notarzt oder ein weiterer RTW oder die Feuerwehr zur technischen Rettung oder wenn es notwendig ist, auch die Polizei.

Bisher habe ich in meiner Zeit beim Rettungsdienst noch keinen Fall von sexueller Belästigung erlebt. Letztlich gibt es diese Fälle aber. Das habe ich schon von anderen Kolleginnen gehört. Sind aber selten. Dabei ist natürlich wichtig, wie auch im privaten Umfeld, dass man dabei sehr bestimmt auftritt und Grenzen aufzeigt. Was Vorurteile angeht, versuche ich diese mit Humor zu nehmen. Ich nehme diese eher als Herausforderung, um die Menschen vom Gegenteil zu überzeugen. Oft gehe ich aber auch gar nicht darauf ein.“

 

Wie wird die Zusammenarbeit im Rettungsdienst zwischen Frauen und Männern gehandhabt? Gibt es Unterschiede in der Art und Weise, wie Frauen und Männer zusammenarbeiten?

„Auch hierbei spielt das Geschlecht gar keine Rolle. Dabei ist es grundsätzlich nur wichtig, dass man als Team funktioniert. Aber manchmal ist von Vorteil, eine Mischbesatzung zu sein, sprich Mann und Frau. Wenn es zum Beispiel Männer oder Frauen spezifische Beschwerden gibt. Dann überlässt man der oder dem anderen den Vortritt und hält sich im Hintergrund.“

 

Was würdest du Frauen raten, die darüber nachdenken, eine Karriere im Rettungsdienst einzuschlagen?

„Probiert es einfach aus. Ihr habt viele Möglichkeiten, ohne großen Zeitaufwand in den Bereich hineinzuschnuppern und so herauszufinden, ob die Arbeit das richtige für euch ist. Das geht zum Beispiel über ein FSJ oder die Qualifikation zur Rettungshelferin oder zur Rettungssanitäterin.“

 

* Das Interview von Pauline wurde aufgezeichnet und danach transkribiert. Zum Teil beinhaltet dies, dass einige Sätze gekürzt wurden.

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